Anpassungsfähige Raubsäuger breiten sich aus. Die Bejagung des Fuchses ist angewandter Naturschutz und dient der Artenvielfalt.
Jagdgegner behaupten, Fuchsjagd sei unnötig. Grund für den Rückgang bedrohter Arten sei die intensive Landwirtschaft. Warum werden Füchse trotzdem bejagt?
Intensive, moderne Landnutzung ist eine wesentliche Ursache für den Artenschwund. Der großflächige Anbau nachwachsender Rohstoffe, das wachsende Verkehrswegenetz, immer mehr Siedlungen und das Verschwinden ungenutzter Brachflächen sind negativ für die Artenvielfalt: Die Lebensräume spezialisierter Arten nehmen in ihrer Fläche weiter ab und verinseln zusehends. Für Arten wie Küstenseeschwalbe, Kiebitz, Sumpfschildköte oder zahlreicher Amphibien und Reptilien werden anpassungsfähige Raubsäuger deshalb immer mehr zum Schlüsselfaktor: Diese kommen in der Kulturlandschaft bestens zurecht, vermehren sich und dringen in die Lebensräume seltener Arten ein. Neben der Verbesserung von Lebensräumen ist die Jagd auf Raubsäuger deshalb eine wichtige Stellschraube, um bedrohten Arten zu helfen. Siehe auch "Immer wieder behaupten Jäger, die Jagd auf Fuchs und Co. helfe seltenen Arten. Gibt es dafür überhaupt wissenschaftliche Belege?"
Breitet sich die Krankheit Räude durch Fuchsjagd aus und bedroht unsere Haustiere?
Das Gegenteil ist der Fall: Die intensive Jagd auf Jung- und Altfüchse im Frühjahr und Sommer senkt die Populationsdichte (Frey & Conover 2010; Mulder 2016) - und damit das Risiko der Räude-Ausbreitung . Bestimmte, als Hautparasiten lebende Milben verursachen die zumeist tödlich verlaufende Räude. Fuchs, Dachs und Marderhund sind besonders anfällig dafür - aber auch Haushunde. Übertragen werden die Parasiten durch direkten Körperkontakt oder in infizierten Höhlen. Steigt die Zahl der möglichen Wirte pro Fläche, steigt auch das Ansteckungsrisiko und die Krankheit kann sich schnell ausbreiten. Ein vermehrtes Auftreten von Räude ist für Wissenschaftler deshalb ein Indiz für eine hohe Populationsdichte von Fuchs, Dachs oder Marderhund.
Die Jagd mit Fallen ist doch grausam. Wieso werden diese immer noch eingesetzt?
Die zumeist dämmerungs- und nachtaktiven Raubsäuger Fuchs, Waschbär oder Marderhund können durch den professionellen Einsatz von Fallen effektiv reduziert werden - im Sinne des Artenschutzes. Die in Deutschland zugelassenen Fallen für die Jagd sind geprüft und tierschutzgerecht - ganz im Gegensatz zu zahlreichen Mäuse- oder Rattenfallen, die es in Baumärkten zu kaufen gibt. Die gängigsten Modelle hat der DJV sogar nach den hohen internationalen Standards für eine humane Fangjagd (AIHTS) erfolgreich testen lassen. Jagdgegner zeigen immer wieder Fotos von sogenannten Tellereisen, um zu schockieren. Deren Einsatz ist allerdings schon seit Jahrzehnten verboten.
In den vergangenen Jahren hat die Fangjagd zunehmend an Bedeutung gewonnen, insbesondere für die Bejagung des nordamerikanischen Waschbären. Die EU hat Deutschland verpflichtet, die Ausbreitung dieser invasiven Art einzudämmen. Laut aktuellen Monitoringdaten haben Jäger im Jagdjahr 2017/18 über 170.000 Tiere getötet - 28 mal mehr als 20 Jahre zuvor. Über ein Drittel davon wurden mit Lebendfallen gefangen.
Die DJV-Broschüre Wissenswertes zur Fangjagd zeigt Anwendungsbereiche von Fallen, Fangsysteme und erläutert gesetzliche Grundlagen.
Die Natur reguliert sich doch selbst. Warum stellen Jäger eigentlich Fuchs oder Waschbär nach?
Die Natur reguliert sich in der modernen Kulturlandschaft nicht selbst. Beispiel Fuchs: Das wichtigste Regulativ, die Tollwut, wurde durch Impfung ausgemerzt, seit 2008 gilt Deutschland als tollwutfrei. Der Mensch hat also zum Selbstschutz bereits massiv in die Natur eingegriffen, denn das Virus ist für ihn und andere Säugetiere tödlich. In Indien sterben beispielsweise jedes Jahr 20.000 Menschen an der Krankheit. Da ein Regulativ fehlt, ist der Fuchsbestand angestiegen. In Niedersachsen etwa hat sich die Jagdstrecke vom Jagdjahr 1958/59 (0,3 Füchse/km²) bis zum Jagdjahr 2012/13 (1,5 Füchse/km²) verfünffacht (Holy 2015).
Gerade seltene, spezialisierte Arten wie Kiebitz, Uferschnepfe, Sumpfschildkröte oder zahlreiche Amphibien und Reptilien benötigen für ihr Überleben zwar geeignete Lebensräume. Doch "schöner Wohnen" reicht nicht. Fleisch fressende, räuberische Arten wie der Fuchs - so genannte Prädatoren - haben erheblichen Einfluss. Selbst in Schutzgebieten mit optimierten Lebensräume sind seltene Wiesenbrüter in hohem Maße durch Fressfeinde gefährdet (Litzbarski & Litzbarski 2008; Langgemach & Bellebaum 2005).
Der Rotfuchs kann übrigens nicht isoliert betrachtet werden. Marderartige und ursprünglich faunenfremde Arten wie Waschbär und Marderhund beeinflussen ebenfalls die heimische Tierwelt (Gethöffer 2018). Sie sind allesamt anpassungsfähige Allesfresser und die Bestände der gebietsfremden Arten steigen seit Jahren. Versuche an Kiebitznestern zeigen, dass rund die Hälfte der Gelege von nachaktiven Raubsäugern gefressen werden (Litzbarski & Litzbarski 2008). Konsequenz: Der verbleibende Nachwuchs kann die natürliche Sterblichkeit nicht mehr ausgleichen, die Art droht regional auszusterben.
Jagd kann helfen, Bestände von Raubsäugern deutlich zu reduzieren - im Sinne des Artenschutzes. Der Waschbär ist überdies ebenso wie der Marderhund auf der EU-Liste der invasiven Arten. Damit ist Deutschland verpflichtet, deren Bestand einzudämmen. Am besten geht das mit der Jagd.
Immer wieder behaupten Jäger, die Jagd auf Fuchs und Co. helfe seltenen Arten. Gibt es dafür überhaupt wissenschaftliche Belege?
Aktuelle Projekte wie „Wiesenbrüterschutz im Bremer Blockland“ zeigen, wie essenziell eine Bejagung von Beutegreifern zum Erhalt heimischer Arten ist. Durch die intensive Raubwildbejagung ab 2014 mit Hilfe von Lebendfangfallen stiegen die lokalen Populationen der Wiesenbrüter (Großer Brachvogel, Kiebitz, Uferschnepfe, Rotschenkel, Bekassine) deutlich an. Allein der Anteil geschlüpfter Gelege erhöhte sich von 55% (2012) auf über 70% (2014). Die Nachwuchsquote pro Brutpaar stieg von 0,55 Jungvögel (2012) auf bis zu 1,1 Jungvögel (2014).
Es gibt in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche weitere Belege dafür, dass räuberisch lebende Säugetiere wie Fuchs, Waschbär oder Steinmarder einen negativen Einfluss auf die Artenvielfalt haben. Eine Auswahl:
• In 85 Prozent der Räuberausschlussexperimente hat der Nachwuchs von Bodenbrütern und Hase bessere Überlebenschancen. Zu diesem Ergebnis kommen Meinecke und Voigt (2009) in einer Literaturstudie zur Prädation bei Feldhase, Rebhuhn und Fasan
• Der Wissenschaftler Wolf Teunissen hat in der Agrarlandschaft in den Niederlanden (2008) nachgewiesen: 56 Prozent der Nester von Kiebitz und Kiebitzregenpfeifer wurden geplündert – in den meisten Fällen war es der Fuchs.
• Professor Klaus Hackländer (2014) hat zudem in einem Gutachten festgestellt: Streunende Hauskatzen können lokal zum Rückgang oder Aussterben einer Art führen.
• Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft und der Dachverband Deutscher Avifaunisten haben 2011 in einem Positionspapier zur aktuellen Bestandssituation der Vögel der Agrarlandschaft bekräftigt: Wenn räuberische Arten wie der Fuchs in unnatürlich hohen Beständen vorkommen, können sie – in Verbindung mit abnehmender Lebensraumqualität für die Beutetiere – am Boden brütende Vögel an den Rand des Aussterbens bringen.
• Die Wissenschaftler Torsten Langgemach und Jochen Bellebaum (2005) resümieren nach Auswertung von über einem Dutzend Studien: Raubsäuger, hauptsächlich der Fuchs, haben vor allem in Küstenregionen einen enorm negativen Einfluss auf Seevögel und Wiesenbrüter.
• In Vogelschutzgebieten gehen mit zunehmendem Auftreten von Fuchs und Waschbär die Nachwuchsraten von Wasservögeln deutlich zurück. Durch Reduktion der Prädatorendichte wird der Bruterfolg merklich gesteigert (Frey & Conover 2010).
Die Jagd steigert die Geburtenrate beim Fuchs, sagen Kritiker. Warum also jagen?
Die Fruchtbarkeit einer Füchsin ist abhängig von ihrem Ernährungs- und Gesundheitszustand sowie vom Alter - die Jagd hat darauf überhaupt keinen Einfluss. Die Geburtenrate bewegt sich wie bei anderen Säugetieren innerhalb einer genetisch vorgegeben Bandbreite, In der Kulturlandschaften sind die Lebensbedingungen durchweg optimal: Eine Füchsin bringt entsprechend durchschnittlich 4 bis 6 Welpen zur Welt, 8 bis 10 Welpen sind die Ausnahme (Goretzki & Paustian 1982; Börner 2014). Krankheiten, Parasiten und Futterangebot sind die natürlichen Faktoren, die das Überleben der Welpen maßgeblich beeinflussen. Entscheidend für die Populationsentwicklung ist neben der Geburtenrate hauptsächlich die Sterblichkeitsrate von Jung- und Altfüchsen gleichermaßen. In Mitteleuropa sind Straßenverkehr und Jagd die hauptsächlichen Todesursachen (Labhardt 1996, Stiebling 2000). Jagd kann also helfen, Bestände deutlich zu reduzieren - im Sinne des Artenschutzes.
Das Sozialgefüge beim Fuchs sorgt für eine natürliche Geburtenkontrolle. Die Natur regelt sich doch selbst, warum also jagen?
In einer Familiengruppe bekommen etwa 80 bis 87 Prozent der Weibchen Junge (Stiebling 2000; Börner 2014). Einjährige Füchsinnen bleiben meist kinderlos, helfen aber bei der Aufzucht (Kaphegyi 2002). In urbanen Lebensräumen kann es vorkommen, dass bis zu 10 Füchse pro Quadratkilometer leben. Bei solch unnatürlich hohen Dichten in England haben Wissenschaftler tatsächlich festgestellt: Nur jede zweite Füchsin oder wenige Tiere im Verband pflanzen sich fort (Börner 2014). Diese natürliche Geburtenkontrolle auf allerhöchstem Bestandsniveau hilft bedrohten Tierarten nicht weiter. Jagd hingegen kann helfen, Bestände deutlich zu reduzieren - im Sinne des Artenschutzes. In Mitteleuropa ist Jagd nämlich eine der hauptsächlichen Todesursachen für den Fuchs (Labhardt 1996, Stiebling 2000).
Wissenschaftliche Quellen
Börner, K. (2014): Untersuchungen zur Raumnutzung des Rotfuchses, Vulpes vulpes (L., 1758), in verschieden anthropogen beeinflussten Lebensräumen Berlins und Brandenburgs. Dissertation, Humboldt-Universität Berlin.
Deutsche Ornithologen-Gesellschaft & Dachverband Deutscher Avifaunisten: Positionspapier zur aktuellen Bestandssituation der Vögel der Agrarlandschaft.
Frey S.N. & Conover M.R. (2010): Influence of population reduction on predator home range size and spatial overlap. J. Wildl. Managem. 71: 303 - 309.
Gethöffer, F. (2018): Kenntnsisstand zu den Neozoen Nutria, Bisam, Mink, Marderhund und Waschbär. Eine Literaturstudie. Institut f. Terrestr. und aquat. Wildtierforschung, TiHO Hannover.
Goretzki, J. & Paustian, K.-H. (1982): Untersuchungen zur Biologie des Rotfuchses, Vulpes vulpes (L.1758), als Grundlage für die Beweirtschaftung von Fuchspopulationen. Dissertation, Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR.
Holy, M. (2015): Fangjagd nötiger denn je. Niedersächsischer Jäger 9: 36-37.
Langgemach, T. & Bellebaum, J. (2005): Prädation und der Schutz bodenbrütender Vogelarten in Deutschland - Synopse. Vogelwelt126.
Kaphegyi, T.A.M. (2002): Untersuchungen zum Sozialverhalten des Rotfuchses (Vulpes vulpes L.). Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Labhardt, F. (1996): Der Rotfuchs. Paul Parey Verlag Hamburg.
Litzbarski, B. & Litzbarski, H. (2008): Untersuchungen zum Bruterfolg des Kiebitz (Vanellus vanellus) im Havelland - ein Beitrag zur Diskussion über Prädation im Lebensraum der Großtrappe (Otis tarda). Otis 16: 77-88.
Macdonald, D. (1993): Unter Füchsen. Knesebeck Verlag München.
Mulder, J. (2016): Populationsbiologie und Fuchsmanagement anhand Forschungsbeispielen in den Niederlanden. Vortrag im Rahmen der Fachtagung "Prädationsmanagement im Wiesenvogelschutz" am 9./10.03.2016 in Kleve.
Stiebling, U. (2000): Untersuchungen zur Habitatnutzung des Rotfuchses in der Agrarlandschaft als Grundlage für die Entwicklung von Strategien des Natur- und Artenschutzes sowie der Tierseuchenbekämpfung. Dissertation. Humboldt-Universität Berlin.